1992 - 1997: Neues Land, viel Unterstützung, ein Abschied und zahlreiche Feste. Bau und Einweihung des reformierten Gemeindezentrums

Standort: Schaukasten reformierte Kirche Fislisbach (Schönbühlstrasse / Feldstrasse)

 

Die wachsende reformierte Gemeinde entschied sich 1992 für den Bau eines eigenen grosszügigen Kirchen- und Gemeindezentrums. Dank der Unterstützung im Dorf und von den reformierten Teilgemeinden in Mellingen und Rohrdorf war der Bau möglich. Spenden wurden gesammelt und flossen reichlich – von reformierten und katholischen Einwohnern in Fislisbach. Das viertägige Einweihungsfest zu Pfingsten 1997 wurde vom ganzen Dorf gefeiert.

Bauprofile und fertiger Glockenturm
Bauprofile und fertiger Glockenturm

Das ökumenische Kirchgemeindehaus, welches im Jahr 1975 errichtet und eröffnet worden war, wurde der wachsenden reformierten Gemeinde bald schon zu eng. Zudem wurde bemängelt, dass man oft beim Sonntagmorgengottesdienst im Gemeindehaus noch die Zigarettenrauchschwaden der samstäglichen Veranstaltungen schlucken musste. Othmar Meier, seit 1982 reformierter Pfarrer in Fislisbach, hatte die Vision einer eigenen Kirche und arbeitete mit ganzem Herzen darauf hin. So wurde der Kirchenbauverein Mitte der 1980er Jahre wieder aktiv. Eine eigene, reformierte Kirche sollte gebaut werden.

Den Standort zu finden, war nicht ganz einfach: Da der Friedhof erweitert werden musste, war bei der katholischen Kirche nicht genug Platz für ein zweites Kirchengebäude. Ein Landtausch wurde nötig – und dieser Vorgang wurde erstaunlich schnell und geradezu freundschaftlich abgewickelt. Das Gelände des ökumenischen Kirchgemeindehauses wurde vollständig von der katholischen Gemeinde übernommen, ein Teil des Landes ging an die politische Gemeinde für die Erweiterung des Friedhofs und die reformierte Gemeinde erhielt als Ersatz ein Baugrundstück an der Schönbühlstrasse/Feldstrasse, durfte aber bis zum Bezug des neuen Gemeindezentrums die Räumlichkeiten im ehemals ökumenischen Kirchgemeindehaus weiterhin in gleicher partnerschaftlicher Weise nutzen.

Die nächste Hürde war die Finanzierung: woher sollte das Geld für den Baukredit von 4.6 Mio Franken kommen? Auch hier kam Hilfe und Unterstützung von allen Seiten: Die reformierte Kirchgemeindeversammlung stimmte einer Erhöhung des Steuerfusses um vier Prozent diskussionslos zu. Die anderen reformierten Teilgemeinden – Rohrdorf und Mellingen – unterstützten damit das Fislisbacher Bauvorhaben! Und nicht nur das: Bei Basaren wurden Spenden gesammelt. Für die Glocken kamen nach einem Spendenaufruf insgesamt 36'000 Franken zusammen – von reformierten, wie von katholischen Einwohnern Fislisbachs.

Sorgfältig wurde der Bau geplant: den Projektwettbewerb gewann 1992 das Badener Architekturbüro Gassner & Rossini und erstaunlicherweise gab es keinerlei Einsprachen gegen das Bauvorhaben – nicht einmal gegen den Glockenturm.

Der Bau begann aber mit einem traurigen Abschied: Anlässlich des ersten Spatenstichs am 18.11.1995 hielt Pfarrer Othmar Meier noch eine Rede  – es sollte seine letzte sein. Der feierlichen Grundsteinlegung vier Monate später konnte er aufgrund seiner Krebserkrankung nur noch vom Fenster seiner Wohnung aus zusehen. Die Einweihung der Kirche erlebte er nicht mehr.

Für die feierliche Grundsteinlegung am 16.03.1996 versammelten sich – unter Glockengeläut der katholischen Kirche – die Musikgesellschaft, der Männerchor, eine Delegation des Gemeinderates und der katholischen Kirche. Eine verlötete Kupferkasette wurde als Zeitkapsel mit Ortsplänen, Zeitschriften, Kaufverträgen, anderen Dokumenten und der letzten Rede von Othmar Meier im Fundament des Glockenturms einbetoniert.

Der Bau verlief reibungslos: es gab nur eine kurze Schrecksekunde, als der Generalunternehmer Konkurs anmelden musste. Ersatz wurde jedoch rasch gefunden, sodass kein Verlust entstand.

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Die nächste Feier fand anlässlich des Glockenaufzugs am 14. Dezember 1996 statt: die Glocken von der Glockengiesserei Rüetschi in Aarau mit einem Gewicht von 415 kg, 300 kg und 165 kg, wurden in einem prächtig geschmücktem Gespann, begleitet von Musikgesellschaft und Männerchor, durchs Dorf zur Kirche gezogen. Schulkinder halfen beim Aufzug der Glocken. An Heiligabend 1996 erklang das Geläut zum ersten Mal offiziell. Die Tonfolge der Glocken (es', c', b') ist abgestimmt auf das Geläut der katholischen Kirche (in f', b', as' und des'). Dies wurde sehr bewusst so gewählt: kein neuer, fremder Klang, sondern ein harmonischer Zusammenklang sollte über dem Dorf schweben.

Fünf Monate später wurde dann nochmals richtig gross gefeiert: Zu Auffahrt, im Mai 1997 wurde das reformierte Kirchgemeindezentrum mit einem viertägigen Fest eingeweiht mit einem bunten Programm und wieder unter Mitwirkung des Männerchors und der Musikgesellschaft. Da Männerchor und Musikgesellschaft aus überwiegend katholischen Mitgliedern bestehen, war es ein Fest für reformierte und katholische Mitchristen.

Mit dem Auszug aus dem ökumenischen Kirchgemeindehaus ging die lange Hausgemeinschaft – von 1975 bis 1997 – von katholischer und reformierter Gemeinde zu Ende. Die Verbundenheit bleibt jedoch. Das Geschenk der katholischen Gemeinde – Findlinge vom Fislisbacher Boll im Gartensitzplatzes des Kirchgemeindehauses – erinnert daran.