1962 - 1976: Papst Johannes XXIII, das zweite vatikanische Konzil und ein Gemeindehaus in Fislisbach: Erneuerte Ökumene in Fislisbach

Standort: Eingang des katholischen Gemeindehauses (Dorfstrasse 21)

 

Mit dem zweiten vatikanischen Konzil (1962-65) öffnete Papst Johannes XXIII die Tür für die Ökumene. Und die Fislisbacher folgten freudig: Katholische und reformierte Kirchgemeinde bauten 1975 gemeinsam ein ökumenisches Gemeindehaus. Zudem konnte die wachsende reformierte Gemeinde im Jahr 1976 endlich einen eigenen Pfarrer anstellen – 444 Jahre nachdem der letzte reformierte Pfarrer der Reformationszeit Fislisbach verlassen hatte.

Schiff mit Kreuz und Wellen: als Symbol für die ökumenische Bewegung. In stürmischen Zeiten sitzen wir gemeinsam in einem Boot.
Schiff mit Kreuz und Wellen: als Symbol für die ökumenische Bewegung. In stürmischen Zeiten sitzen wir gemeinsam in einem Boot.

Nachdem die Reformierten 1583 aus der katholischen Kirche in Fislisbach ausgeschlossen worden waren, liegen aus den folgenden 350 Jahren kaum Informationen über reformiertes Leben in Fislisbach vor. Erst die Volkszählung von 1930 erwähnt, dass von den 1261 Einwohnern Fislisbachs etwa 11% (143 Einwohner) reformiert waren. Der reformierte Gottesdienst fand einmal im Monat im Schulhaus Grabenäcker (heutiges Gemeindehaus) statt. Bis im Jahr 1960 verdoppelte sich die Einwohnerzahl von Fislisbach. Da der Zuzug vor allem aus den reformierten Städten (z.B.. Zürich) erfolgte, wuchs der Anteil Reformierter überproportional stark.

Statistik 3

Das Schulhaus wurde für die reformierten Gottesdienste zu eng. Die reformierte Gemeinde durfte bis in die 1970er Jahre ein- bis zweimal monatlich ihren Gottesdienst im katholischen Vereinshaus feiern. Der reformierte Pfarrer kam dafür aus Rohrdorf. In der stetig wachsenden Gemeinde entstand aber bald der Wunsch nach einem grösseren Gottesdienstsaal und nach einem eigenen Pfarrer in Fislisbach.

Am 29. März 1968 wurde im Gasthof Linde der reformierte Kirchenbauverein gegründet. Ziel und Zweck dieses Vereins war der Bau eines Gottesdienstraumes – an den Bau einer reformierten Kirche wagte man damals noch gar nicht zu denken. Und auch ein Gottesdienstsaal aus eigenen, reformierten Mitteln schien fast unerreichbar teuer.

Unterstützung kam von katholischer Seite: Nachdem die katholische Kirche der Ökumene lange Zeit recht ablehnend [5] gegenüberstand, kam mit Papst Johannes XXIII (1958-1963) eine Wende. Er berief das zweite vatikanischen Konzil (1962-1965) ein, welches nach seinem Tod von Papst Paul VI weitergeführt wurde. Das Konzil hielt 1964 mit überwältigender Mehrheit fest, dass es auch ausserhalb der katholischen Kirche vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit geben kann. Andere Konfessionen wurden nicht länger als Häretiker und Schismatiker bezeichnet, sondern als getrennte Brüder. Die Freude über das Wiederfinden der getrennten Brüder, führte mit neuem Schwung in eine Zeit der Ökumene. Und auch die Fislisbacher machten sich begeistert auf diesen Weg: ein gemeinsames, ökumenisches Kirchgemeindehaus wurde geplant. Gemeinsam wurde dafür Land gekauft und gebaut. Im Jahr 1975 wurde das ökumenische Kirchgemeindehaus an der Dorfstrasse eröffnet.

Gleichzeitig wurde ein reformiertes Pfarrhaus an der Leemattenstrasse 39 gebaut: im Jahr 1976 erhielt die Fislisbacher Gemeinde den ersten eigenen Pfarrer (U.P. Meyer) mit Wohnsitz in Fislisbach – 444 Jahre nachdem Wolfgang Weiss als letzter reformierter Pfarrer der Reformationszeit Fislisbach verlassen hatte.

Fussnote/Quelle:
[5] Die päpstlichen Enzykliken ‘von Papst Leo XIII (1896), Papst Pius XI (1928) und Papst Pius XII (1943) betonen, dass die katholische Kirche die einzige gottgewollte Kirche ist.