1523-1583: Katholisch, Reformiert oder Beides? Frühe Ökumene in Fislisbach

Standort: Schaukasten der katholischen Kirche (Dorfstrasse /Buchhaldenstrasse)

 

Mehr als ein halbes Jahrhundert von 1523 bis 1583 – während ringsum die Kappelerkriege tobten und die Landkarte konfessionell aufgeteilt wurde – war die Gemeinde in Fislisbach ein «konfessionelles Zwitterwesen»: Reformierte und Katholiken feierten gemeinsam Gottesdienste. Erst im Jahr 1583 schloss ein sehr eifriger katholischer Priester die Reformierten vom Gottesdienst und aus der Kirche aus.

Bildersturm in Zürich 1524: Knechte verbrennen das katholische Kircheninventar (Altäre, Kanzeln und Heiligenbilder).
Bildersturm in Zürich 1524: Knechte verbrennen das katholische Kircheninventar (Altäre, Kanzeln und Heiligenbilder).

Nachdem Priester Urban Wyss für seine reformatorischen Bestrebungen angeklagt und verhaftet worden war, wird am 20. Mai 1523 Wolfgang Weiss sein Nachfolger als Priester in Fislisbach. Wolfgang Weiss ist der Sohn von Bernhard Weiss (einem Weggefährten und Chronist Zwinglis, der gemeinsam mit Zwingli 1531 in der zweiten Schlacht von Kappel umkam).

Wolfgang Weiss ordnete sich bei seiner Amtsübernahme in Fislisbach offiziell den Anweisungen der katholischen Behörden unter – im Stillen jedoch arbeitete auch er auf eine Reformation der Kirche hin. In die Gemeinde kehrte vorerst Ruhe ein. Aus der Zeit von 1523 bis 1529 liegen kaum Aufzeichnungen vor.

Nach dem ersten Kappeler Krieg 1529 entschied sich Wolfgang Weiss offen für die Reformation. Am 25. August 1529 kommt es zu einem Bildersturm: «Götzen» und Bilder wurden gleich nach der Predigt zertrümmert. Das geschah offenbar sehr unangefochten und einträchtig: über Streit in der Gemeinde wird diesbezüglich nicht berichtet. Wolfgang Weiss hatte jahrelange Überzeugungsarbeit in der Gemeinde geleistet. Oder die Gemeinde folgte dem Vorbild des Umlandes: zu Ostern 1529 wurden in Mellingen (und kurz darauf auch in Bremgarten) «Götzen» und Heiligenbilder zerstört und verbrannt. Wolfgang Weiss verliess die Pfarrei in Fislisbach Ende 1532 nachdem sein Vater in der zweiten Schlacht von Kappel (1531) gefallen war. Er kehrte in sein Elternhaus nach Zürich zurück. Später wirkte er als Pfarrer in Wytikon und Dällikon.

Wie viele andere Gemeinden in der Grafschaft Baden wurde auch Fislisbach nach der zweiten Schlacht von Kappel wieder re-katholisiert. Die Gemeinde – obwohl ab 1532 offiziell katholisch – war dennoch eigentlich ein «konfessionelles Zwitterwesen» (wie Ignaz Staffelbach in seiner Chronik schreibt). Nach mehr als zehn Jahren reformierter Verkündigung, war das reformierte Gedankengut tief in der Gemeinde verankert. Mit Einsetzung eines neuen, katholischen Priesters und selbstverständlicher Inanspruchnahme des Kirchgebäudes für katholische Gottesdienste erstarkte das katholische Leben in der Gemeinde wieder: bald stellten die Katholiken zahlenmässig die Mehrheit. Der reformierte Teil der Gemeinde war ohne Pfarrer sich selbst überlassen und zahlenmässig rückläufig. Für Taufen, Hochzeiten und Bestattungen wandten sich die reformierten Gemeindeglieder daher an den katholischen Priester, der – wie es scheint – diesen Dienst bereitwillig übernahm. Reformierte nahmen auch an den katholischen Gottesdiensten teil: sie hörten die Predigt, verliessen die Kirche aber bei der Eucharistie.

Die gemischt-konfessionelle Gemeinde bestand in Fislisbach fast ein halbes Jahrhundert (1531-1583). Aus dieser Zeit liegen kaum Notizen vor, was auf eine ruhige, einvernehmliche Situation hindeutet. Im Jahr 1573 wurde der zerstörte Altar in der Kirche wieder aufgerichtet.

Am 24. April 1583 wird Johann Lang aus Würenlos als neuer Priester nach Fislisbach entsandt. Er wird als besonders eifriger, seiner katholischen Stellung bewusster Priester beschrieben. Er schliesst die Reformierten vom bisher gemeinsam gefeierten Gottesdienst und aus dem Kirchgebäude aus. Die meisten Reformierten traten daher wieder zum katholischen Glauben über, nur einige wenige verblieben und wurden Gebenstorf unterstellt.